Zeiss Ni2
Wer sich „nur“ für aktuelle Laserentfernungsmesser interessiert, muss bei diesem Artikel nicht weiter lesen. Fast alle unsere Texte drehen sich um Tests von Laser-Distanzmessern sowie um Tipps und Tricks zur Bedienung und Anwendung. Hier werfen wir einen Blick über diesen engen Horizont und widmen uns einem echten Klassiker der Vermessung.
Geschichte des automatischen Nivelliergeräts
Carl Zeiss Oberkochen hat im Jahr 1950 das Nivellier Ni2 auf den Markt gebracht. Mit diesem Instrument gelang es, eine durch optische Bauelemente erzeugte Ziellinie so zu beeinflussen, dass sich diese automatisch horizontal stellt. Diese Idee wurde erstmals im Ingenieurnivellier mit der Firmenbezeichnung Ni2 umgesetzt. Das Ingenieur-Nivellier mit erreichte einem mittleren Fehler von ±2 mm pro km Doppelnivellement für 50 m Zielweite, Schätzung der Millimeter im Zentimeterfeld der Latte. Damit war es für genaue technische Nivellements geeignet, z.B. für Brückenbauten, Eisenbahntrassen, Talsperren usw. Daneben konnte es auch für Nivellements zweiter und dritter Ordnung der Landesaufnahme verwendet werden.
Funktionsweise
Im Strahlengang des Fernrohrs ist ein Kompensator eingesetzt, dessen Kernstück ein mit einem spiegelnden Prisma besetztes Gelenkviereck war. Die Gelenke waren keine Drehgelenke, sondern sie waren, um Spiel und Reibung zu eliminieren, als Federgelenke ausgebildet. Die Federn waren oben am Fernrohrkörper und unten an der Fassung des von ihnen getragenen spiegelnden Prismas fest eingespannt. Wenn das Fernrohr geneigt wurde, erhielt das Prisma unter dem Einfluss der Schwerkraft und des ihm durch das Gelenkviereck auferlegten Zwangs eine Neigung, die ein Vielfaches der Neigung des Fernrohrs betrug. Ein Strahl der über das schwingende Prisma geleitet wurde, hatte beim Verlassen des Kompensators eine Neigung, die doppelt so gross war wie die des schwingenden Prismas. Damit konnte sichergestellt werden, dass ein horizontal einfallender Strahl im Fadenschnittpunkt abgebildet wurde.
Am Prisma war eine Einrichtung zur Dämpfung in Form eines Luftpuffers befestigt, damit das schwingende Prisma schnell zur Ruhe kommt. Der Bewegungsspielraum des Prismas war eingeengt, damit Erschütterungen beim Transport keine gravierenden Einflüsse hatten und sich eine Arretierung erübrigte.
Das Fernrohr samt Kompensator lieferte aufrechte Bilder. Die Seitenvertauschung wurde durch ein okularseitiges Prisma als Dachprisma aufgehoben. Das Fernrohr vergrösserte 32 fach.
Bahnbrechende Vorteile beim Nivellieren
Damit das Ni2 richtig arbeiten konnte, mussten zwei Bedingungen erfüllt sein:
- Die Dosenlibelle durfte beim Drehen der Stehachse nicht mehr als 0.5 mm ausschlagen.
- Die Zielachse musste sich horizontal stellen, wenn die Dosenlibelle einspielte.
Im Vergleich zu einem Nivellier mit Libellenhorizontierung war das Ni2 nahezu unempfindlich gegenüber Temperaturveränderungen.
Der wichtigste Vorteil lag jedoch in der deutlich höheren Messgeschwindigkeit gegenüber herkömmlichen Nivelliergeräten. Nach dem Zeugnis zahlreicher Anwender ist die Geschwindigkeit mit dem Ni2 um 30% bis 40% grösser als bei Libelleninstrumenten.
Das Ni2 konnte mit einem Planplattenmikrometer erweitert werden, der die mögliche Genauigkeit von Nivellements weiter gesteigert hat. Zahlreiche Erprobungen zeigten, dass sich ein mittlerer Fehler von +/- 1 mm auf 1 km erreichen liess.
Ist das Nivellier Ni2 heute ein Fall fürs Museum?
Das Ni2 wurde mindestens bis 1989 gebaut. Selbstverständlich wurden kontinuierliche Detail-Weiterentwicklungen des ersten automatischen Nivelliers der Welt vorgenommen. Das entspricht einer Bauzeit von rund 40 Jahren! Schaut man sich den heutigen Markt für optische Baunivelliere an, fällt auf, dass das Ni2 mit seinen Daten noch immer in der Liga der Ingenieurnivelliere mitspielen kann. Wer seine Augen offen hält, findet auch heute noch ein Ni2 in Einsatz auf Baustellen.
Vergleicht man dies mit der Entwicklung bei den Laserentfernungsmessern zeigt sich ein deutlicher Unterschied. Wir können uns kaum vorstellen, dass die heutigen Modelle mit kleinen Verbesserungen noch in 40 Jahren auf dem Markt sind. Die Weiterentwicklung, Verbesserung und Erweiterung um neue Funktionen schreitet im Bereich der Laser-Entfernungsmesser so schnell voran, dass ein Modell nach einem halben Jahrhundert nicht mehr mithalten kann. Kommerziell nutzbare Geräte sind mit dem Leica Disto erst seit etwas mehr als 20 Jahren auf dem Markt.
Als historische Remineszenz an das Zeiss Ni2 bringen wir hier noch eine Werbeanzeige aus dem Jahr 1958. Der Satz „Mit halber Anstrengung doppelte Messgeschwindigkeit und hohe Genauigkeit“ bringt die Vorteile auf den Punkt.
Behringer meint
Mein ni2 ist umgefallen wo kann ich es reparieren lassen
admin meint
Als ersten Versuch würde ich mit Zeiss Kontakt aufnehmen. Obwohl die Chancen wohl nicht allzu gross sind, vielleicht gibt es ja noch jemand, der sich des Geräts dort annimmt.
Ich wünsche auf jeden Fall viel Erfolg und eine kurze Nachricht hier wäre ganz toll, weil sie vielleicht anderen mit einem ähnlichem Problem hilt.
Helfer meint
Fa. Ulmer in Straubing kann weiterhelfen!
Wenger meint
Bei Vermessungstechnik Wenger Jena können sie das Ni 2 reparieren lassen. Telefon: 03641-366980 Email: info@w-vt.de
Student A meint
Ich schreibe zur Zeit meine Masterarbeit im Umwelt-Bereich. Im Rahmen dieser Arbeit habe ich für ein per LiDAR (ALS) vermessenes Hochmoor eine Wiedervernässung geplant bzw. im GIS die Oberflächenabflüsse modelliert. Um die Qualität der LiDAR Daten zu verifizieren, habe ich für bestimmte Bereiche meines UGs (z.B. dicht mit hohem Gras bewachsene Teilgebiete) ein Liniennivellement vorgenommen. Hierzu habe ich ein Zeiss Ni2 genutzt. Nun beschreibe ich gerade mein Vorgehen und frage mich: Wie genau sind eigentlich die von mir ermittelten Höhendifferenzen? Auf dieser Seite schreiben Sie, dass ± 2mm auf 1 km erreichbar sind. Wikipedia behauptet, dass das Gerät ursprünglich für eine Messgenauigkeit von 1″ ausgelegt war bzw. einen Messfehler von 0,5 mm auf 100 m aufwies.
Leider ist jedoch weder ein Blog und schon gar nicht die Wikipedia eine zitierfähige Quelle 😉 , daher meine Frage an Sie: Haben Sie vielleicht noch irgendwelche Originalunterlagen zu dem Gerät, denen man die Genauigkeit entnehmen könnte?
Bei Zeiss habe ich schon angefragt, wurde an Trimble verwiesen, wo man jedoch leider keine Unterlagen mehr hat…
Vielen Dank und freundlichen Gruß
admin meint
Die Genauigkeit hängt wohl in sehr hohem Mass vom Können und der Erfahrung des Vermessers ab.
Ich habe Ihnen Seiten aus einer meiner Quellen geschickt. Mit einem Professor Dr.-Ing. als Mitautor ist das Werk sicher zitierfähig. Zudem stammt es aus der Zeit als das Ni2 noch recht neu auf dem Markt war. Damit ist erzielbare Genauigkeit mit solch einem neuartigen Nivellier natürlich ein wichtiges Unterthema in dem Buch.
Am Ende des Büchleins ist noch eine Inserat von Zeiss zum Ni2 enthalten. Dort werden auch Aussagen zur Genauigkeit gemacht.
Beste Grüsse und viel Erfolg bei Ihrer Masterarbeit
Matthias Voß meint
wir haben 1982 über 214 km in der Zentral Sahara einen Abschlußfehler von 14 cm in einem Weg gehabt.
Reparaturen? Evtl. Kompassbaumeister Bandholz, Kiel.
admin meint
Hallo Matthias
Vielen Dank für die spannende Ergänzung. Das Messen in der Sahara war sicher eine besondere Herausvorderung, auch wegen der thermischen Bedingungen für Mensch und Material. Allein schon die Temperaturschwankungen für die Stative sind nicht zu unterschätzen.
Der Kommentar hat mich inspiriert, den Blogbeitrag mit dem Inserat aus dem Jahr 1958 zu ergänzen. Dort ist die Genauigkeit mit +/- 2 mm bis +/- 0.5 mm pro km angegeben.
Die Sahara-Messung kommt umgerechnet auf 0.65 mm pro km. Somit lag sie fast an der Grenze der mit dem Ni2 möglichen Genauigkeit und das unter wohl suboptimalen Bedingungen…
Christian meint
Ein sehr interessanter Artikel. Ich bin durch Recherchen auf ihre Website gestoßen, da ich das ni2 von meinen Opa verkaufen möchte. Können sie mir sagen was es ungefähr wert ist? Es ist in einem sehr guten Zustand mit Bedienungsanleitung, Werkzeug, Sonnenblende, Standfuss und Koffer. Für Hilfe wäre ich wirklich dankbar.
Grüße
Christian
admin meint
Hallo Christian
In Sachen Gebrauchtpreis kann ich beim Ni2 von Zeiss Oberkochen nicht weiterhelfen. Schau doch mal bei Ebay, da tauchen vielleicht hin und wieder Geräte auf.
Dann wurde hier in einer Antwort zum Ni2 auf einen Anbieter verwiesen (www.w-vt.de). Die bieten auch ein gebrauchtes Gerät an.
Der erzielbare Preis hängt sicher vom Zustand ab und den würde ich als Käufer mit Testmessungen überprüfen wollen. Mit dem Risiko eines Fehlkaufs, weil das Nivellier dejustiert ist, würde ich höchstens einen Spottpreis zahlen.
Christian meint
Danke für die Antwort und den Hinweis zu dem Anbieter. Das hilft mir schon sehr viel weiter.
Frohe Weihnachten
Grüße
Christian
Uwe meint
Hallo Willy, was für ein Schatz an Informationen, danke. Es ist für mich unglaublich, dass es schon vor fast 70 Jahren Vermessungsgeräte mit einer so unglaublichen Genauigkeit gab, 2 mm pro km sind meiner Meinung nach so klein. Auch die Unempfindlichkeit gegenüber Temperaturveränderungen find ich erstaunlich.
Michael meint
Hallo,
Ich habe ein Zeiss NI 2 geschenkt bekommen, aber leider ohne Handbuch. Können Sie mir bei der Suche nach einem Handbuch oder einem entsprechenden Download behilflich sein?
Vorab vielen Dank und freunliche Grüße.
Willy Matthews meint
Hallo Michael
Es tut mir Leid, eine Anleitung habe ich auch keine mehr. Das entsprechende Fach im Aufbewahrungskoffer ist bei meinem NI2 leider leer.
Online habe ich nicht die offizielle Anleitung aber ein anderes Dokument gefunden, das Dir vielleicht hilft. Ich sende den Link per E-Mail.
Beste Grüsse
Joachim Hussing meint
Vielen Dank für die Informationen zur Vermessung. Mein Vater ist daran interessiert, Vermessungsarbeiten für seine Immobilie durchführen zu lassen. Ich werde diesen Blog mit ihm teilen und ihm bei der Suche nach einem Vermessungsingenieur helfen.
Thomas Karbowski meint
Ich finde es wirklich faszinierend, dass Nivelliergeräte bereits mit 1950 existierten. Mein Onkel beschäftigt sich beruflich mit technischen Vermessungen. Er sagt auch oft, dass die richtige Ausübung seines Berufs ohne die Erfindung der nötigen Technik unmöglich wäre.
Hannes Bartschneider meint
Ich interessiere mich seit einiger Zeit mehr für Vermessung. Laser-Distanzmesser sind für mich in der Anwendung jedoch noch etwas weit weg. Allerdings freue mich als Jenenser, dass Carl Zeiss hier auch vertreten ist.
Willy Matthews meint
Vielen Dank für den Beitrag.
Das gezeigte Nivelliergerät ist allerdings von Zeiss Oberkochen. Aber verwandt ist es dadurch ja schon…