Hier kommt ein für den Laien etwas skuriler Gerichtsfall. Letztlich kann man daraus aber lernen, dass die Bedienung eines Laserentfernungsmessers am Steuer eines Fahrzeugs nicht erlaubt ist. Zumindest dann nicht, wenn der Entfernungsmesser über einen Speicher für Messdaten verfügt und einen solchen haben heute so gut wie alle Geräte.
Doch nun zum eigentlichen Fall:
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat das Urteil gesprochen. Ein Elektriker hat in seinem Auto während der Fahrt einen Laserentfernungsmesser bedient. Dabei wurden auf dem Display die Daten der letzten Messungen angezeigt, die also im Speicher des Geräts waren.
Das Gericht stützt sich nun auf den als „Handyverbot“ gedachten § 23 Abs. 1a StVO und wendet diesen auf einen Laserentfernungsmesser an. Es begründet, dass die Bezeichnung „elektronisches Gerät“ weit auszulegen sei und in diesem Fall erfüllt sei. Der Entfernungsmesser dient dazu, um sich zu informieren, weil er die gemessenen Distanzen nicht nur temporär anzeigt, sondern auch speichert. Die im Speicher bereitgehalten Daten können später wieder ausgelesen werden. Das Hantieren am Messgerät während der Fahrt verursacht eine erhebliche Ablenkung vom Verkehrsgeschehen, was § 23 Abs. 1a StVO zu unterbinden beabsichtigt.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.10.2018 – 2 Rb 9 Ss 627/18
1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 20. April 2018 wird als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht Pforzheim den Betroffenen wegen einer vorsätzlich begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 24 Abs. 1 Satz 1 StVG, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO – Benutzen eines elektronischen Geräts, das der Information dient (§ 23 Abs. 1a Satz 1 StVO) – zu einer Geldbuße von 120 Euro verurteilt. Das Amtsgericht hat zur Tat folgende Feststellungen getroffen:
„Der Betroffene führte am 10.11.2017 um 14.45 Uhr seinen Pkw BMW mit dem amtlichen Kennzeichen XX – YY 000 auf der C-straße beim Kreisverkehr S-straße in Fahrtrichtung Stadtmitte. Dabei nahm er, seiner Absicht entsprechend, während der Fahrt einen elektronischen Laser-Entfernungsmesser, den er für seine Arbeit als Elektriker benötigte, in die Hand, drückte eine Taste an dem Entfernungsmesser, um das Gerät zu aktivieren, und las sodann einen vor Fahrtantritt im Messwertespeicher des Geräts abgespeicherten Entfernungsmesswert auf dem Display des Geräts ab.“
Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und macht geltend, dass der tatgegenständliche elektronische Laser-Entfernungsmesser kein „elektronisches Gerät“ im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO sei. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat beantragt, das Rechtsmittel mangels Zulassungsgrund als unbegründet zu verwerfen.
Der Einzelrichter ließ mit Beschluss vom 20.09.2018 die Rechtsbeschwerde zu, da es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts – zur obergerichtlichen Klärung der Rechtsfrage, ob ein elektronischer Laser-Entfernungsmesser, der über einen Messwertespeicher verfügt, unter § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO zu subsumieren ist – zu ermöglichen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 OWiG); ferner übertrug er die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern (§ 80a Abs. 1 und 3 OWiG).
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das rechtsfehlerfrei festgestellte Verhalten des Betroffenen ist gemäß §§ 24 Abs. 1 Satz 1 StVG, 49 Abs. 1 Nr. 22, 23a Abs. 1 Satz 1 StVO bußgeldbewehrt. Ein elektronischer Laser-Entfernungsmesser, der über einen Messwertespeicher verfügt, ist ein elektronisches Gerät im Sinne des § 23a Abs. 1 Satz 1 StVO.
1. § 23 Abs. 1a StVO in der Fassung der Verordnung vom 18.05.2017 wurde durch Art. 1 Nr. 1 der „53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“ vom 06.10.2017 (BGBl. I, S. 3549) mit Wirkung zum 19.10.2017 grundlegend geändert. Nach der damit auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Neufassung des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO darf derjenige, der ein Fahrzeug führt, „ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt“ ist, nur unter den – hier nicht vorliegenden – in Abs. 1a Satz 1 Nrn. 1 und 2 genannten Voraussetzungen (hierzu BR-Drs. 556/17, S. 25 ff.; Eggert in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016 [Stand: 03.08.2018], § 23 StVO [1. Überarbeitung], § 23 StVO Rn. 25 ff.; Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. 2018, Rn. 2841 ff.; ders., ZAP 2018, 987; Fromm, MMR 2018, 68; Rebler, SVR 2018, 241) benutzen.
2. Während der Verordnungsgeber in § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO a.F., der die unzulässige Benutzung eines „Mobil- oder Autotelefons“ zum Gegenstand hatte, ein Verbot formuliert hatte, enthält die Norm nunmehr ein Gebot, in welchen Fällen ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dienen (kann), benutzt werden darf (OLG Oldenburg, Beschluss vom 25.07.2018 – 2 Ss (OWi) 201/18 -, juris; BR-Drs. 556/17, S. 25; Eggert in: Freymann/Wellner, a.a.O., § 23 StVO Rn. 26; Burhoff, ZAP 2018, 987; Fromm, a.a.O.; Rebler, a.a.O.). Im Gegensatz zur alten Rechtslage (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2016, 255; König: in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 23 StVO Rn. 32) ist insbesondere schon das bloße In-den-Händen-Halten des Geräts – wenn darüber hinaus („und“) eine Funktion des Geräts benutzt wird oder eine Blickzuwendung erfolgt – schon von der verbotenen Nutzung elektronischer Geräte erfasst (BR-Drs. 556/17, S. 26; Eggert in: Freymann/Wellner, a.a.O., § 23 StVO Rn. 28 f.; Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), a.a.O., Rn. 2846; ders., ZAP 2018, 987; Fromm, a.a.O.; Rebler, a.a.O.; Krenberger, jurisPR-VerkR 18/2018 Anm. 6; vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 25.07.2018 – 2 Ss (OWi) 201/18 -, juris).
3. Hintergrund für die Neuregelung waren – neben der Schließung von Regelungslücken (BR-Drs. 556/17, S. 26) – insbesondere Untersuchungen (aus dem Ausland, der Unfallversicherer und der Verkehrssicherheitsverbände), die eine die Verkehrssicherheit gefährdende Ablenkungswirkung fahrfremder Tätigkeit belegen (BR-Drs. 556/17, S. 12; kritisch Fromm, a.a.O.). Demnach beruhen Beeinträchtigungen der Fahrleistung des Fahrzeugführers und in der Folge sogar Unfallereignisse im Straßenverkehr oftmals auf einer zu langen Blick-Ablenkung durch Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmittel – allen voran Smartphones mit ihren immer vielfältiger werdenden Nutzungsmöglichkeiten, aber auch anderer elektronischer Geräte – während der Fahrt (BR-Drs. 556/17, S. 1 [Einl.]; vgl. Kellner, SVR 2017, 87). Um verkehrsgefährdenden Verhaltensweisen begegnen zu können, die durch Nutzung neuerer elektronischer Geräte entstehen können, die nicht als „Handy“ anzusehen sind, gab der Verordnungsgeber die Beschränkung des Verbots im früheren § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO auf „Mobil- oder Autotelefone“ auf (BR-Drs. 556/17, S. 1 [Einl.], 16).
4. Im Kern hat der Verordnungsgeber das bisher geltende „Handy-Verbot“ im Hinblick auf die nunmehr unter die Norm fallenden Geräte deutlich ausgeweitet. Erfasst werden – sämtliche (BR-Drs. 556/17, S. 16; Rebler, a.a.O.) – „elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind“. In § 23 Abs. 1a Satz 2 StVO hat der Verordnungsgeber einige Geräte im Sinne des Satzes 1 – ohne die Begriffe des elektronischen Geräts, der Kommunikation, der Information und der Organisation (näher) zu definieren – konkret benannt. Demnach sind Geräte im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO „auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder“. Die Geräteaufzählung ist nach dem Willen des Verordnungsgebers lediglich beispielhaft und damit bewusst nicht abschließend (BR-Drs. 556/17, S. 27; Eggert in: Freymann/Wellner, a.a.O., § 23 StVO Rn. 21; Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), a.a.O., Rn. 2839; ders., ZAP 2018, 387; Rebler, a.a.O.). Die Neufassung ist dabei „technikoffen“ formuliert (BR-Drs. 556/17, S. 3 [Einl.], 16, 27; Eggert in: Freymann/Wellner, a.a.O., § 23 StVO Rn. 21; Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), a.a.O., Rn. 2839; ders., ZAP 2018, 987; Fromm, a.a.O.; Rebler, a.a.O.). Der „technikoffene“ Ansatz erlaubt, (in Zukunft) Geräte zu erfassen, die derzeit noch gar nicht auf dem Markt sind, sondern erst noch entwickelt werden (BR-Drs. 556/17, S. 16, 27; Eggert in: Freymann/Wellner, a.a.O., § 23 StVO Rn. 24; Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), a.a.O., Rn. 2839; ders., ZAP 2018, 987; Fromm, a.a.O.; Rebler, a.a.O.).
5. Eine zusätzliche Hilfe für die Auslegung des Begriffs des elektronischen Geräts bietet die – über § 23 Abs. 1a Satz 2 StVO hinaus gehende – weitere beispielhafte Aufzählung elektronischer Geräte in der Verordnungsbegründung (BR-Drs. 556/17, S. 27). Demnach sollen nach dem Willen des Verordnungsgebers – der auch in der Verordnungsbegründung die Begriffe des elektronischen Geräts, der Kommunikation, der Information und der Organisation nicht (näher) definiert – insbesondere „sämtliche Handys, Smartphones, BOS- und CB-Funkgeräte und Amateurfunkgeräte, auch solche mit reinem push-to-talk-Modus, Tablet-Computer, Touchscreens, elektronische Terminplaner, Diktiergeräte, E-Book-Reader, MP3-Player, Personal Computer, DVD- und Blu-Ray-Player, CD-Rom-Abspielgeräte, Smartwatches, Walkman, Discman und Notebooks“ von § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO umfasst sein.
6. In der obergerichtlichen Rechtsprechung hat sich bislang – soweit ersichtlich – nur das OLG Oldenburg näher mit der Auslegung des Begriffs des elektronischen Geräts im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO beschäftigt (OLG Oldenburg, Beschluss vom 25.06.2018 – 2 Ss (OWi) 175/18 -, juris). Nach Auffassung des OLG Oldenburg fällt ein – reiner – Taschenrechner nicht unter die Norm. Zur Begründung hat das OLG Oldenburg ausgeführt, dass ein – reiner – Taschenrechner unter keinen der genannten Oberbegriffe (der Kommunikation, Information oder Organisation) – ohne diese (näher) zu definieren – falle. Die Annahme, die Eingabe einer Rechenoperation und deren anschließendes Ablesen unterfiele einem Informationszweck, überdehnte nach Auffassung des OLG Oldenburg die Auslegung der Norm und sei für den Normadressaten nicht erkennbar (zustimmend Eggert in: Freymann/Wellner, a.a.O., § 23 StVO Rn. 24.1; Krenberger, jurisPK-VerkR 17/2018 Anm. 4).
7. Die bislang zur Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO – soweit ersichtlich – ergangene Literatur (Eggert in: Freymann/Wellner, a.a.O., § 23 StVO Rn. 21 ff.; Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), a.a.O., Rn. 2838 ff.; ders., ZAP 2018, 987 [weitgehend inhaltsgleich veröffentlicht in StRR 2018, Nr. 4, 4]; Fromm, a.a.O.; Rebler, a.a.O.) hat bislang nicht versucht, die Begriffe des elektronischen Geräts, der Kommunikation, der Information und der Organisation (näher) zu definieren. Die Autoren beschränken sich im Wesentlichen darauf, die in der Verordnungsbegründung aufgezählten Gerätebeispiele (vgl. oben) wiederzugeben und auf den „technikoffenen“ Ansatz der Norm (vgl. oben) hinzuweisen.
8. Ausgehend hiervon hält die Bewertung durch das Amtsgericht rechtlicher Nachprüfung stand. Bei einem elektronischen Laser-Entfernungsmesser, der über einen Messwertespeicher verfügt, handelt es sich um ein „elektronisches Gerät“, dass „der Information dient oder zu dienen bestimmt ist“ im Sinn des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO. Eine solche Auslegung ist vom Wortlaut der Norm gedeckt und entspricht zudem deren Sinn und Zweck.
a) Dabei verkennt der Senat nicht, dass der strenge Gesetzesvorbehalt des § 3 OWiG (Art. 103 Abs. 2 GG) es der rechtsprechenden Gewalt verbietet, Bußgeldtatbestände oder Sanktionen im Wege richterlicher Rechtsfortbildung – etwa durch die Bildung von Analogien oder die Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen – zu begründen oder zu verschärfen (BVerfGE 71, 108 ; 130, 1; BGH, NStZ-RR 2015, 40; OLG Stuttgart, a.a.O.). Die Auslegung eines Gesetzes findet ihre Grenze in dem – aus Sicht des Bürgers – noch möglichen Wortsinn (BVerfGE 71, 108; NJW 2010, 754; OLG Stuttgart, a.a.O.; Gürtler in: Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, § 3 Rn. 6; KK-Rogall, OWiG, 5. Aufl. 2018, § 3 Rn. 31 [jeweils m.w.N.]). Soweit auf den Willen des Gesetzgebers abgestellt werden soll, muss dieser im Gesetz einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden haben. § 3 OWiG (Art. 103 Abs. 2 GG) verpflichtet den Gesetzgeber, die Voraussetzungen eines Bußgeldtatbestandes so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich sowie Rechtsfolgen eines Verstoßes zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (BVerfGE 47, 109; 55, 144; 71, 108; NJW 2010, 754; BGH, a.a.O.; Senat, NStZ-RR 2007, 60; OLG Stuttgart, a.a.O.; Gürtler in: Göhler, a.a.O., § 3 Rn. 1; KK-Rogall, a.a.O., § 3 Rn. 28 m.w.N.). Diese Verpflichtung dient einem doppelten Zweck. Es geht einerseits um den rechtsstaatlichen Schutz des Normadressaten. Jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe oder mit Geldbuße bedroht ist. Im Zusammenhang damit soll andererseits sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst über die Strafbarkeit oder die Bußgeldvoraussetzungen entscheidet. Insoweit enthält § 3 OWiG (Art. 103 Abs. 2 GG) einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, über die Voraussetzungen einer Bestrafung oder der Auferlegung einer Geldbuße selbst zu entscheiden (BVerfGE 47, 109; 71, 108; NJW 2010, 754; OLG Stuttgart, a.a.O.; Göhler in: Gürtler, a.a.O., § 3 Rn. 1; KK-Rogall, a.a.O., § 3 Rn. 30 m.w.N.). Gegenstand der Auslegung gesetzlicher Bestimmungen kann immer nur der Gesetzestext sein. Der mögliche Wortsinn des Gesetzes markiert die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation. Dieser Wortsinn ist aus der Sicht des Bürgers zu bestimmen (BVerfGE 71, 108; 130, 1; NJW 2010, 754; OLG Stuttgart, a.a.O.; KK-Rogall, a.a.O., § 3 Rn. 31 m.w.N.).
b) Das Amtsgericht hat den Wortlaut des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO bei seiner Auslegung nicht überdehnt.
aa) Dass es sich bei dem tatgegenständlichen Laser-Entfernungsmesser um ein „elektronisches Gerät“ handelt, ist nach den Feststellungen des Amtsgerichts (vgl. oben) – ohne dass hierzu eine nähere Definition des Begriffs erforderlich wäre – unzweifelhaft, zumal das Gerät über ein Display verfügte.
bb) Der Laser-Entfernungsmesser „diente“ zudem – wie das Amtsgericht in den Urteilsgründen zutreffend ausgeführt hat – jedenfalls deswegen „der Information“, weil er die mit ihm ermittelten Messwerte nicht nur unmittelbar nach der Messung temporär anzeigt, sondern diese zusätzlich in einem internen Messwertespeicher ablegt und vorhält, aus dem die Messwerte dann zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt – wie vorliegend geschehen – durch den Benutzer zur Information über das Ergebnis vergangener Messungen abgerufen und vom Display abgelesen werden können.
Diese Auslegung ist zum einen zwanglos mit dem erkennbaren Wortsinn des Begriffs der Information zu vereinbaren. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter Information/Informieren insbesondere die „Unterrichtung über eine bestimmte Sache“ verstanden (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 8. Aufl. 2015). Der Betroffene konnte folglich anhand des Wortlauts von § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO voraussehen, dass sein Verhalten ordnungswidrig und mit Geldbuße bedroht ist.
Ein solches Verständnis der Norm entspricht zum anderen auch – wie das Amtsgericht ebenfalls zutreffend in den Urteilsgründen ausgeführt hat – dem Sinn und Zweck der Neuregelung. Von dem Aufnehmen des elektronischen Geräts und dem Aufrufen und Ablesen des Messwertes geht eine erhebliche mentale Ablenkung des Betroffenen vom Verkehrsgeschehen aus, die der Verordnungsgeber aufgrund deren Gefahrenträchtigkeit unterbinden will (vgl. oben). Dabei ist den beispielhaften – bewusst nicht abschließenden – Aufzählungen zahlreicher elektronischer Geräte in § 23 Abs. 1a Satz 2 StVO und der Verordnungsbegründung (vgl. oben), der bewusst „technikoffenen“ Formulierung (vgl. oben) sowie der beabsichtigten Sicherung des Verkehrs (vgl. oben) zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber einen weiten Begriff des elektronischen Geräts im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO vor Augen hatte.
Vor dem Hintergrund des mit der Verordnungsänderung verfolgten Zwecks kommt es schließlich nach Auffassung des Senats bei der Frage, ob ein elektronisches Gerät der Information dient oder zu dienen bestimmt ist, auch nicht auf die allgemeine (primäre) Zweckbestimmung, sondern die konkrete Verwendung des elektronischen Geräts beim Führen eines Fahrzeugs an.
Das Ablesen der auf dem elektronischen Laser-Entfernungsmesser gespeicherten Daten auf dem Display dient nach alledem unzweifelhaft der Informationsgewinnung im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO.
9. Der Rechtsfolgenausspruch begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die – maßvolle – Erhöhung der Geldbuße im Vergleich zum Regelsatz des Bußgeldkatalogs (100 Euro [lfd. Nr. 246.1]) ist vor dem Hintergrund der Vorahndungen des Betroffenen nicht zu beanstanden, § 17 Abs. 3 OWiG.
10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
[Quelle: Universität des Saarlandes, GFU]
Das OLG Karlruhe schafft es also, das Handyverbot auf die Anwendung eines Laserentfernungsmessers in einem PKW anzuwenden, indem auf die Speicherfunktion verwiesen wird.
Was wäre gewesen, wenn der Entfernungsmesser über keinen Speicher verfügt hätte?
Prinzipiell finde ich Massnahmen, die zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen, sinnvoll und positiv.
Es gibt übrigens einen weiteren noch aktuelleren Fall, der vor dem OLG Braunschweig verhandelt wurde und zu dem ein Beschluss vom 03.07.2019 vorliegt: Hier ging es um die Bedienung eines Taschenrechners während der Fahrt. Weil dieser auch über einen Speicher verfügte, gilt er wieder als elektronisches Gerät und damit kann § 23 Abs. 1 a StVO angewandt werden.
Tiedtke, Hans-Uwe meint
Ein Entfernungsmesser benötigt keinen Speicher (Abstandtsmesser) zu sich von hinten annähernden Fahrzeugen. Der Lenker kann sich auf sehr dicht auffahrende Fahrzeuge einstellen und zur Verkehrssicherheit beitragen, z. B. langsames Bremsen beim annähern zu einem Stau. Abruptes Bremsen führt oft zu Auffahrunfällen. Der Abstandsmesser sollte eine Rückfahrkamera auslösen. Der Lenker kann dann feststellen, ob das von hinten annähernde Fahrzeug auf den Bremsvorgang reagiert und möglicherweise einem Auffahrunfall ausweichen. Ein Rückspiegel ist dafür nicht ausreichend geeignet.
Willy Matthews meint
Vielen Dank für den Kommentar und die Idee für die Verbesserung der Verkehrssicherheit.
Der Fall, der vor Gericht landete, war aber kein im Fahrzeug verbauter Laserentfernungsmesser, sondern ein Gerät, das der Elektriker zuvor auf einer Baustelle benutzt hatte. Also dürfte es eines gewesen sein, das ähnlich wie die auf dieser Internetseite getesteten war.
Ihre Idee mit der Abstandsmessung im Fahrzeug auch nach hinten, finde ich gut. Aber Laser wie in den Handmessgeräten sollte für die Abstandsmessung nicht eingesetzt werden. Das könnte sprichwörtlich ins Auge gehen (des Hinterherfahrenden).