Über die DISTO Plan App von Leica habe ich schon einige geschrieben. Sie bietet vielfältige Möglichkeiten und ist durch kostenpflichtige Zusatzmodule ja nach Bedarf erweiterbar.

Es gibt die Funktionen:

• PDF Pro Export
• CAD-Export
• P2P-Messung
• Smart Room

In diesem Artikel geht es um die über einen In-App-Kauf freizuschaltenden Funktion «P2P-Messung», was für Punkt zu Punkt Messung steht. Damit können nicht nur Distanzen zwischen dem anvisierten Punkt und dem Laserentfernungsmesser gemessen werden, sondern man kann auch die Distanz zwischen zwei beliebigen Punkten berechnen lassen, wenn diese zuvor angezielt wurden.

Voraussetzung für die Nutzung der P2P Funktion ist ein DISTO S910 oder ein DISTO X3 bzw. X4 jeweils mit dem Adapter DST360 kombiniert. Der DST 360 bzw. der eingebaute Fuss («Smartpivot» genannt) im DISTO S910 verfügen über einen integrierten Rotationssensor, der beim X3 und X4 mit dem Winkelsensor arbeitet und so die Daten, die für die P2P Messungen benötigt werden, liefert.

Natürlich muss der X3 oder X4 mit Bluetooth mit dem Smartphone oder Tablet, auf dem die Disto Plan App läuft, verbunden sein.

Aufbauen auf dieser Funktion bietet die App spezielle Messfunktionen für häufige Anwendungsfälle. Innerhalb der P2P-Messungen gibt es die Messfunktionen:

• Measure Plan, zum einfachen Aufnehmen von Grundrissen
• Earthworks, für Vermessung von Baugruben und die Massenermittlung
• Measure Facade, um effizient Fassaden zu vermessen und zu dokumentieren

Diese P2P-Messfunktionen werden nun genauer unter die Lupe genommen.

Measure Plan – Grundrisse effizient aufnehmen

Das Erfassen von Grundrissen gehört zu den häufigen Aufgaben beim Einsatz von Laserentfernungsmessern. Die DISTO Plan App bietet dazu mehrere Möglichkeiten:

Mit «Sketch Plan» wird eine Skizze in der App gezeichnet und danach vermasst. Dabei passt sich die Skizze zu einem Grundriss an, wenn die einzelnen gemessenen Distanzen in die Skizze übernommen werden. Bei rechtwinkligen Räumen haben wir damit gute Erfahrungen gemacht. Bei schiefen Wänden kommt Sketch Plan an die Grenzen, weil die Winkel aus der Skizze aufgrund der gemessenen Distanzen nicht realistisch ändern. Dazu müsste man rechte Winkel «einfrieren» können.

«Smart Room» ist eine der aufpreispflichtigen Erweiterungen der DISTO Plan App. Hier werden die Längen der Wände im Uhrzeigersinn (oder in der Gegenrichtung) mit dem DISTO X3 oder X4 aufgenommen und dabei das Display stets dem Zentrum des Raums zugewandt. Daraus kann die App den Grundriss des Raums ableiten. Auch Smart Room funktioniert prima mit rechten Winkeln. Wenn hier schiefe Winkel auftauchen, können Schwierigkeiten entstehen.

«Measure Plan» kommt mit allen möglichen Winkeln klar. Ein grosser Vorteil beim Vermessen von bewohnten Räumen ist, dass Möbel an den Wänden und in den Ecken des Raums kaum stören. Zumindest, wenn die Möbel nicht so hoch sind, dass sie bis unter die Zimmerdecke reichen. Für das Erfassen von Grundrissen wird der Laserentfernungsmesser auf einem Stativ und dem DST360 im Zentrum des Raums aufgestellt und dann alle Ecken anvisiert. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Höhe des Raums die Ecken anvisiert werden. Die App projiziert die gemessenen Punkt in den Ecken des Raums auf eine gemeinsame Bodenebene. Wenn in einer Raumecke ein Schrank steht, der das direkte Messen entlang der Wand verhindern würde, so kann einfach über dem Schrank in die Ecke gezielt werden.

Bevor mit dem Messen begonnen wird, muss sichergestellt sein, dass der Adapter DST360 zumindest grob horizontiert ist. Dazu ist er mit einer Dosenlibelle ausgerüstet, die man durch Anpassen der Länge der Stativbeine einstellen kann. Der DISTO X4 kann zusammen mit dem DST360 Fehler, die aus der nicht perfekten Horizontierung (bis zu +/-5° Abweichung) entstehen, automatisch korrigieren.

Bei unseren Tests von Measure Plan konnten wir einen Grundriss eines komplexen kleinen Raums mit 4 Türen und 1 Fenster in 15 bis 20 Minuten erfassen und erreichten eine Genauigkeit, die mit den anderen Methoden kaum erreichbar gewesen wäre.

Weil er Raum mehrere Wände hat, die nicht im rechten Winkel stehen und keine anderen parallelen Wände aufweisen, hatten Sketch Plan und Smart Room Probleme den Grundriss sauber abzubilden. Mit Measure Plan war das überhaupt kein Problem. Eine Herausforderung kann es höchstens sein, einen möglichst günstigen Standort für das Stativ zu finden, vom dem aus alle wichtigen Punkte (mindestens alle Zimmerecken) einsehbar sind. Bei L-förmigen oder anderen verwinkelten Räumen kann es vorkommen, dass es keinen geeigneten Standpunkt gibt, von dem aus alle Ecken anzielbar sind. Dann bleibt nichts anderes übrig, als den Grundriss aufzuteilen und CAD-Daten zu exportieren. Diese können dann später mit einem CAD-Programm in einem Plan zusammengeführt werden.

Earthworks – die Funktion speziell für Baugruben und die Massenermittlung

Die Funktion «Erdarbeiten» dient zur Messung und Berechnung des Volumens von Baugruben.

Earthworks ist eine einfach zu bedienende und leistungsstarke Lösung zur Messung und Berechnung des Volumens von Baugruben, wie z.B. Gebäudefundamente, Strassenbauarbeiten, Gräben, Teiche und vieles andere. Dank der P2P-Technologie von Leica DISTO™ lässt sich das Aushubvolumen jetzt einfach messen und berechnen.

Stellt man sich die Baugrube zu einfach vor, dann erscheint das Ergebnis fast schon trivial: Wenn die Baugrube in einer Ebene liegt und eine einfache Umgrenzung hat, ist die Berechnung einfach und könnte auch mit anderen Methoden recht einfach und effizient erfolgen. Für unseren ersten Test haben wir den quadratischen Sandkasten als kleine Baugrube benutzt. Das führte zu einem wenig komplexen Resultat.

Daher war der nächste Test an einem relativ steilen Hang und einer unregelmässigen Umgrenzungslinie. Hier wurde dann vereinfachend von einer senkrechten Böschung ausgegangen, das liegt jedoch daran, dass das Beispiel fiktiv ist und keine tatsächlich vorhandene Böschungsneigung eingemessen werden konnte. Aber es zeigt sich schon hier, dass Earthworks auch mit komplexerem Gelände und kompliziertem Baugrubenumriss zurechtkommt. Es ist eine sinnvolle Option, dass man statt die tatsächliche Tiefe der Grube auch eine Tiefe ab einem bestimmten Punkt der Umgrenzungslinie eingeben kann, weil man so bereits im Voraus das Volumen bestimmen kann: Es muss nur die Umgrenzungslinie der zukünftigen Baugrube und deren Tiefe ab einem bestimmten Punkt bekannt sein und schon kann man sich das Volumen berechnen lassen, was dann am einfachsten mit senkrechten Baugrubenwänden erfolgt. Dadurch liegt man mit dem Volumen auf der sicheren Seite.

Man startet indem der DST360 mit dem X3 oder X4 grob horizontiert wird und dann Earthworks in der App gestartet wird. Die App führt wie ein Assistent durch den Arbeitsablauf. Wenn man den Umriss der Baugrube mit dem DISTO X3/X4 gemessen hat und anschliessend die Tiefe und optional auch die Neigung eingegeben oder gemessen hat, wird Volumen der Baugrube berechnet und ein Plan wird in 2D- und 3D-Ansicht angezeigt.

Gibt es Einschränkungen bei der Benutzung von Earthworks?

• Die Bodenfläche ist stets horizontal (was bei den meisten Baugruben auch richtig ist)
• Die Böschungen der Baugrube sind auf allen Seiten gleich steil.
• Die Skizzen/Pläne können nur als Bild oder als PDFs exportiert werden. Ein Export in einem CAD-Format fehlt. Mehr dazu am Ende im «Fazit».

Measure Facade für Ansichten von Fassaden

Mit dieser Funktion können auf einfache Weise Ansichten von Fassaden erstellt werden.

Auch hier wird der Adapter DST360 vorgängig grob horizontiert und dann zuerst 2 Punkte der Fassade eingemessen, damit klar ist, wie die Ebene der Fassade im Raum liegt.

Dann kann die Umrisslinie der Fassade ermittelt werden. Wenn Ecken hier nicht anzielbar sind, kann man die entsprechenden Linien verkürzt darstellen und danach mit einer Funktion verborgene Ecken darstellen.

In der Fassade lassen sich Flächen erfassen, die zum Beispiel Öffnungen wie Türen oder Fenster darstellen. Wenn die 4 Punkte eines Fensters erfasst sind, wird einfach erneut auf das Feld «Fläche» geklickt und schon wird mit dem nächsten erfassten Punkte eine neue Fläche begonnen. Ohne diese Klicken von «Fläche» würde die App eine komplexe Fläche aus mehr als 4 Punkten anlegen. Das ist ja soweit logisch.

Welche Einschränkungen gibt es?

Die Funktion geht davon aus, dass Fassaden senkrecht stehen. Ein Gebäude, das sich nach oben zuspitzt wie eine Pyramide, könnte mit der Funktion nicht vermessen werden.

Fazit

Das Messen mit dem DISTO X3 oder X4 gelingt mit dem DST360 Adapter und dem stabilen Leica TRI120 Stativ deutlich besser und genauer im Vergleich zu einem anderen Stativ, wie z.B. einem Stativ aus dem Fotografie-Bereich und einem .

Doch nun zum Kern des Artikels: der DISTO Plan App und insbesondere den Funktionen, die unter dem Begriff P2P-Messung verbergen.

• «Measure Plan» ist eine sehr nützliche Funktion, die ich den anderen Assistenten zur Erstellung von Grundrissen vorziehe. So gelingen schnell und einfach Pläne, die winkelecht sind und man kann auch in möblierten Räumen gut arbeiten.
• «Earthworks» ist für Abschätzungen der Kubatur von Baugruben sehr nützlich. Weil man dann im Freien arbeitet, sollte man den DISTO X4 mit der Zielsucherkamera einsetzen.
• «Measure Facade» kann auf einfache Weise recht genaue Fassadenansichten erzeugen. Für alle Berufsgattungen, die mit Fassaden, Anstrichen, Putz, Isolierung oder auch Gerüstbau zu tun haben, kann diese Funktion schnell und effizient zu Plänen verhelfen.

Was würde ich mir als weitere Funktion wünschen?

Perfekt wäre, wenn Punkte, Linien oder Flächen beliebig im dreidimensionalen Raum erfasst werden könnten. Also mit kartesischen Koordinaten, die durchaus in einem beliebigen Koordinatensystem (also z.B. nicht exakt nach einem offiziellen Koordinatensystem) definiert sein könnten. Lediglich die Horizontierung wäre wichtig, so dass zumindest die relative «Höhe» der Punkte tatsächlich lotrecht wäre. Dadurch könnten diese 3D-Aufnahmen später in einem CAD-Programm richtig ausgerichtet werden und z.B. in einen bestehenden Plan eingearbeitet werden.

Warum gibt es diese Funktion nicht? Es kann sein, dass Leica diese Funktion dem DISTO S910 vorbehalten möchte. So weit ich die Voraussetzungen beurteilen kann, müssten die nötigen Berechnungen auch mit der Kombination von DISTO X3 oder X4 zusammen mit dem DST 360 Adapter möglich sein.

Nach ein wenig Überlegung kam mir der Verdacht, dass es aus diesem Grund bei «Earthworks» keinen CAD-Export gibt: Hier könnten die Umgrenzungspunkte (die unterschiedliche Höhen haben können) dazu zweckentfremdet werden, um beliebige 3D-Situationen zu erfassen und dann im CAD die Verbindungslinie zwischen den Punkten zu löschen, weil diese Linien natürlich oft keinen Sinn ergeben würden. So könnten die 3D-Punkte zumindest als Punkte ins CAD gelangen und dort mit den richtigen, also sinnhaften Linien ergänzt werden. Da der CAD-Export bei Earthworks fehlt, hat Leica diesem «Missbrauch» vermutlich bewusst einen Riegel geschoben.

Nichtsdestotrotz sind die P2P-Messungen sinnvolle Ergänzungen, die bei genügend häufiger Benutzung nicht nur den In-App-Kauf in DISTO Plan sondern auch die Anschaffung des DST360 Adapters und eines stabilen Stativs zu einer lukrativen Ergänzung machen.

Wer zum Beispiel viel mit Altbauten arbeitet, zu denen es häufig keine Pläne gibt und wo auch öfters verwinkelte Räume oder Gänge vorkommen, wird schnell ein grosser Fan der Funktion Measure Plan.

Sehr empfehlenswert ist das Bundle aus DISTO X4, DST360 und TRI120 zusammen in einem sehr stabilen Koffer (IP 76)!

Videos zum Disto X4 und P2P